Chronique par Rigobert Dittmann dans Bad Alchemy (mai 2014)

Zu den Duopartnern von DIDIER LASSERRE, dem schon genannten Amor Fati-Drummer, gehört neben Beñat Achiary, Frederic Blondy, Thomas Dubois, Jean-Luc Guionnet oder Ly Thanh Tiên, mit dem er Artaud-Texte performt, auch Steve Dalachinsky. Für Sens Radiants (DT04) reizte ihn aber einmal mehr der Einklang mit DAUNIK LAZRO, hier am Baritonsaxophon, und BENJAMIN DUBOC am Kon­trabass. Live im aquitanischen Örtchen Le Fleix, am 20.9.2013, zelebrierten die drei Improvisation als ein Sich-Eingraben in die Erde, in die Luft, in die Borke, ins Fleisch, in Messing und gegerbte Haut. Lasserre spielt nur Snare & Cymbal, ach was ‘spielt’, ach was ‘nur’, er rumort, schabt, wummert, pocht, federt, klopft, sirrt, donnert, oder knistert mit Beinahenichts. Der Bass knurrt, sägt, brummt, das Ba­riton röhrt und ächzt, murrt und kirrt. Das Klangbild ist entsprechend elementar und suggeriert einen dörflichen Sinneshorizont, nicht direkt programmatisch, eher visionär. Es gibt den Wind, Karren und Stroh, den Küfer, den Schmied und ein schnaubendes Ross, Ödnis, Alltag und Furor. Als Phantome, nicht eines Hut­machers, sondern von drei phantasievollen Geräuschemachern und Freilicht­malern, die zu wieder eigenen Phantasien anstiften. Dubocs federndes Solo gräbt tief in der kollektiven Erinnerung, bis hinunter zu den maurischen Resten, Lazro evoziert den Schmerz der vertriebenen Protestanten und den Zorn der aufstän­dischen Croquants, die bittere Armut und die Abwanderung. In memory, every­thing seems to happen to music, lautet das Motto zu K. Bruckmeiers The Story of Pop. Und Henri Michaux, aus dessen Jours de Silence der Titel dieser Musik herrührt, schrieb: Eine ferne Epoche / durchquert die gegenwärtige / wahrt ihr Schweigen und ihre Meditation / unter Bannern und Trompeten.

 

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